Haushaltsrede 2024 der Fraktion Die Grünen im Rat der Stadt Rees

 

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Hense!
Sehr geehrte Damen und Herren!

Helmut Wesser – Foto: GRÜNE Rees

Verabschiedung des Haushaltes am Valentinstag – das hatten wir wohl noch nie. Wollen wir hoffen, dass er den Bürgern und Bürgerinnen tatsächlich viel Glück bringt. Bei der Vorstellung bekam der Plan eher ganz andere Vorzeichen. Mit einem vorhergesagten Defizit von 8,5 Millionen € würde der Ausgang am Jahresende ein historisches Minus markieren.

Bei der Analyse der Zahlen sind wir in unserer Fraktion jedoch auf eine schon bekannte Erkenntnis gekommen: ein größeres Volumen der Haushaltsposten wirkt überhöht oder ist als Ausgabe im Jahr 2024 eher unwahrscheinlich. Wir haben diese Annahmen zusammengerechnet und kommen dabei sogar auf eine Gesamthöhe von bis zu fast der Hälfte des Defizits. Nach unserer Einschätzung wird es also bei weitem nicht so schlimm kommen wie prognostiziert. Mit Gesamtaufwendungen von 60,5 Millionen € im Ergebnisplan wird eine Für unser Städtchen Rees gewaltige Summe ausgegeben. Im Folgenden möchte ich an Einzelbeispielen darstellen, über welche Ausgaben wir in der Grünen Ratsfraktion uns freuen, und über welche eher nicht.

Als positiv sehen wir auf jeden Fall die Ausstattung aller SchülerInnen in Rees mit einem Tablet -Computer für das moderne Lernen. Die Geräte können sicherlich für viele junge Menschen einen erleichterten Zugang zu Lerninhalten schaffen. Ist es doch für die nachwachsende Generation selbstverständlich geworden, den Alltag mit digitalisierten Arbeitsgeräten zu gestalten. Bei entsprechender Vermittlung und Erziehung zur Medienkompetenz können die Rechner einen großen Schritt nach vorne bedeuten. Sie sind allerdings gewiss auch kein Allheilmittel und gute LehrerInnen mit ihrem qualifizierten Unterricht bilden nach wie vor das Rückgrat des Schulwesens. Wir jedenfalls sind froh, dass wir vor den allermeisten anderen Städten die gesamthafte Vergabe an alle Schulen in Rees jetzt durchführen werden. Dabei ist ebenso wichtig und richtig, dass städtische IT- Fachleute durchgängig als Begleiter der Maßnahme zur Verfügung gestellt werden.

So wird darüber hinaus die Sanierung des noch zurückstehenden Teils des gymnasialen Traktes am Schulzentrum in Angriff genommen. Erste Planungsmittel sind mit 200 000 € eingestellt. Auch das macht uns sogar ein wenig stolz, in einer Kommune zu leben in der die Schulgebäude in einem besonders guten Zustand sind. Und wenn es, wie in diesem Fall, noch etwas nachzubessern gibt, so wird das alsbald in Angriff genommen und nicht auf die lange Bank geschoben. Darin waren wir uns mit der Gesamtheit des Rates immer einig.

Und die jüngste Generation unter uns verliert man obendrein nicht aus den Augen. Auf verschiedenen Spielplätzen werden Erneuerungen durchgeführt. Im Haushalt wurden 170 000 € schon dafür reserviert. Gerade auf den renovierten Anlagen können wir erleben, wie fröhlich und zahlreich die Angebote angenommen werden.

Leider ist die Fürsorge für Jugendliche und Kinder dennoch nicht ganz umfassend. Für uns völlig unverständlich bestand die Verwaltung darauf, die Gebühren für Kinder und Jugendliche in der Stadtbücherei zu erhöhen. Wie man weiß, sollte doch eigentlich alles getan werden um das Lesen in der jungen Generation zu fördern. Es bleibt sehr zu hoffen, dass gerade Kinder aus Haushalten mit geringen Einkünften nicht zurückstehen müssen. Die Einnahmen aus der Erhöhung sind in Relation zu vielen anderen Haushaltsposten eher gering. Musste das denn sein?

Ein versöhnliches Wort dennoch: die Gesamtausgaben für die Beschaffung neuer Medien bleiben auf dem erfreulich hohen Stand von 35 000 €. Zahlreiche Mitmenschen sollten davon Gebrauch machen!

Für die Ärmsten unter uns wird auch etwas getan. Es entsteht jeweils ein neues Gebäude für geflüchtete Menschen am Melatenweg und dazu ein Ersatz-Haus für Wohnungslose am Grüttweg. Bisher sind wir mit der vorsorgenden Bereitstellung von Unterkünften wirklich gut gefahren. Anderswo traten Notlagen auf. Turnhallen oder Hotels mussten kurzfristig hergerichtet werden. Zu Einschränkungen für die alt- ansässige Bevölkerung ist es nie gekommen. Daneben sehen wir eben das als sehr befriedigendes Ergebnis an, dass es nirgends zu vernehmlichem Gemurre oder gar Protesten kam. Eine größere Anzahl von Geflüchteten lebt mittlerweile in regulären Wohnungen unter uns, arbeitet regelmäßig und meist gehen auch Kinder in die Schulen. An Einzelheiten bei den Unterbringungen muss dennoch gefeilt werden. So sollten die uralten Container am Melatenweg in absehbarer Zeit nicht mehr als Quartiere herhalten müssen. Und über die winzige Wohnraumgröße der Stübchen am Grüttweg hatten wir uns schon unterhalten. Für ist das alles andere als Platinstandard für Menschen in Notlagen, die am Wohnungsmarkt schwerer Zugang zur eigenen Wohnung finden.

Bereits in der Mitte des vorherigen Jahrzehnts nahm man sich vor, große städtebauliche Schritte zu machen. Im Zentrum stand die weitgehend ungenutzte Zone des ehemaligen NIAG-Geländes. Konzepte und Pläne wurden erarbeitet und mit Investoren wieder überarbeitet. Im Laufe der Zeit kam das Post- Areal noch dazu. Leider tat sich de facto rein gar nichts außer dem Abriss von Betriebshallen und Verwaltungsgebäude. Das ist sehr unbefriedigend und wir müssen dringend weiter am Ball bleiben und dabei auch mögliche alternative Lösungen ins Auge fassen.

Ähnliche festgefahrenen Lagen sind leider im Reeser Kern noch an mindestens drei anderen Stellen zu beklagen nämlich beim Krankenhaus, am Kreisverkehr am Amtsgericht und auf dem Gelände Raadts Wäldchen. Weiterhin besteht eine herausfordernde und permanente Aufgabe für den Rat und die Verwaltung bei diesen notleidenden Projektflächen für Auswege zu sorgen.

Der Rat hat sich in seiner Zielsetzung für die Zukunft die Entwicklung des Sektors Freizeit und Tourismus vorgenommen. Ein ganz großer Schlag ist fraglos mit der Verbindung zu Wald und Welle Marissa gelungen, wenn die Realisierung auch erst in künftigen Jahren stattfindet. Diese Entwicklung müssten wir sukzessive und mit Augenmaß begleiten. In den Augen der Grünen Fraktion ist es sehr früh, schon jetzt Infrastruktur für stark anschwellende Touristenströme zu schaffen. So ist die Verlängerung des Steigers zu dem kleinen, nahezu immer ungenutzten Ponton im Rhein nicht angebracht. Nur weil bei seltenem Niedrigwasser noch seltener ein Touristenschiff anlegen möchte finden wir es völlig unangebracht, dafür 300 000 € auszugeben.

In die Thematik Freizeit und Tourismus gehört die Personalentwicklung. Neben der Tatsache das die Personalkosten in erster Linie aus tariflichen Gründen über 10% von rund zehn auf deutlich mehr als 11 Millionen € ansteigen, wollte man noch zwei zusätzliche Stellen schaffen. Diese würden der Öffentlichkeitsarbeit und dem Tourismus dienen. Im Laufe der Haushaltsgespräche hat sich ergeben, dass ein Kompromiss in der Form angeboten wurde, nur eine Stelle aufzusatteln. Die Grünen sind der Meinung, dass man durchaus mit der Entwicklung im Freizeitgeschäft Schritt halten sollte. Längerfristig Vorsorge zu treffen wäre jedoch nicht angebracht. Insofern werden wir in demokratischer Sitte dem Kompromissvorschlag beitreten. Wir stimmen in dem Sinne dem Stellen- und Personalplan zu, wenn’s auch nicht leichtfällt.

Bei der Schlussbesprechung unseres Haushaltes am vergangenen Montag trat ein anderer Aspekt in den Vordergrund. Das ist die Zukunftsfähigkeit der städtischen Entwicklung mit Blick auf den Klimaschutz und Artenschutz. Daran wurde leider sehr wenig getan. Nahezu keine Ausgabe, außer der Weiterbeschäftigung des Klimaschutzbeauftragten und den Wärmebedarfsplänen, lässt sich in diesem elementarer wichtigen Feld finden. Wir müssen uns dabei selbst den Vorwurf gefallen lassen keine Anträge dazu gestellt zu haben. Hier wollen wir uns in Zukunft wieder deutlicher bemerkbar machen.

Für einzelne in der Grünen Ratsfraktion war die genannte Tatsache jedoch ausschlaggebend für das Votum zum Haushalt. Und so werden wir ein unterschiedliches Abstimmungsbild von Nein über Enthaltung bis Ja zu dem 2024er Zahlenwerk abgeben.

Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen fürs Zuhören.
Helmut Wesser

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